Die Umschlagshäufigkeit im Lager – das müssen Sie wissen

Das Dilemma mit einem Überangebot an Kennzahlen

Aus jedem Thema kann eine Wissenschaft gemacht werden, so auch aus der Messbarkeit von Prozessen im Lager. Natürlich ist die Anwendung bestimmter Supply Chain Kennzahlen unerlässlich, um die Lager-Performance zu ermitteln und zu steuern. Doch nicht selten wird über das Ziel hinausgeschossen. Es werden unzählige Daten gesammelt und aufwendig aufbereitet, deren Erfassung aber letztlich für die Mitarbeiter aus Einkauf und Lager oft ein Hindernis bei der täglichen Arbeit darstellen und somit die angestrebte Bestandsoptimierung in den Hintergrund rückt.

Vielmehr muss ein Bewusstsein dafür entstehen, was wirklich wichtig ist an Kennzahlen und was nur am Rande eine Relevanz besitzt. Eine umfassende Datenerfassung ist heute leichter denn je. So erfolgt in einem nicht unerheblichen Teil der Warenwirtschaft das Einlesen neuer Daten bereits über RFID-Chips mittels Scanner, der in so manchem Warenlager das wichtigste Werkzeug darstellt. Allerdings verleitet dies dazu, mehr Daten zu speichern und aufzubereiten, als notwendig ist. Am Ende resultiert dies dann in KPI-Dashboards, deren grafische Bedieneroberfläche überladen ist an einzelnen Reports, Eingabefeldern und anzuklickenden Buttons, wovon jedoch je nach Rolle des Endbenutzers nur einige wenige tatsächlich benötigt werden. Unübersichtlichkeit führt dazu, dass Fehler gemacht werden. Da gerade in einer Bestandssoftware die Verzahnung der Daten eine wichtige Rolle spielt, kann die Fehleingabe weitreichende Wirkung besitzen.

Was ist wichtig und was optional?

Supply Chain Management Dashboard

Jedes Unternehmen nutzt die für den betrieblichen Ablauf notwendigen Daten auf seine Weise und auf dessen Bedürfnisse zugeschnitten. Das optimale Setup kann im nächsten Unternehmen, das etwa ein Kunde oder ein Lieferant ist, wieder ganz anders aussehen. So werden Daten zwischen den Firmen der Lieferkette hin- und her transferiert, deren Bedeutungen und Bezeichnungen jedoch durch die unterschiedlichen Systeme missinterpretiert werden können. Darum ist es wichtig, die „richtigen“ Daten zu erhalten und zu versenden. Das spart Zeit und Kosten. Denn Daten, die geliefert und aufbereitet werden, aber in der Realität nur Speicherplatz benötigen, ohne dem Unternehmen einen Mehrwert zu bieten, beanspruchen Manpower und Rechenkapazität.

Der beste Weg, die richtigen Daten zu erhalten, besteht in der Kommunikation mit Lieferanten und Kunden und sich auf einheitliche Datenformate zu verständigen. Pessimistische Gemüter werden nun anführen, dass so doch eventuell Daten nicht getrackt werden, die in der Zukunft Bedeutung bekommen könnten. Genau für diesen Fall gibt es das Qualitätsmanagement und die damit zusammenhängenden ISO-Zertifizierungen. Hierin ist festgelegt, welche Daten für das Unternehmen, hier in Bezug auf das Bestandswesen, von Bedeutung sind und wie diese aufzubereiten und zu speichern sind. Über die Chargennummer können diese einzelnen Daten aus der Lieferkette heraus im Bedarfsfall sichtbar gemacht werden. Das hört sich eventuell umständlich an, ist aber nur im Einzelfall notwendig und damit weniger umständlich als einen Wust von Daten von Unternehmen zu Unternehmen zu übermitteln, wo diese dann wiederum abgespeichert und aufbereitet werden müssen.

Für jedes Gut, jede Ware oder jeden Artikel existieren relevante Daten oder Werte, abhängig von der Nutzung und Verwertung in Ihren Reports. Daneben gibt es aggregierte Werte, die sich als Lagerkennzahlen niederschlagen und diese besitzen bezüglich der Wirtschaftlichkeit eines Lagers die größte Bedeutung. Ihr großer Vorteil ist zudem die eindeutige Zuordnung, da hinter den Lagerkennzahlen einheitliche Formeln zur Berechnung stehen. Grundsätzlich handelt es sich um einige praxisbewährte Kennzahlen, über die sich ein Lager optimal steuern lässt. Eine davon ist die Umschlagshäufigkeit im Lager, es ist für die meisten Unternehmen die wichtigste Kennzahl im Bestandsmanagement.

Die Lagerkennzahl Umschlagshäufigkeit in der Definition

Wie die Bezeichnung es schon verrät, geht es darum, wie oft eine Ware oder ein Gut im Lager umgeschlagen wird beziehungsweise wie oft innerhalb eines definierten Zeitraums Abgänge der jeweiligen Ware durch Verkauf oder Entnahme verzeichnet werden. Die Umschlagshäufigkeit ist eine Kennzahl, der wiederum die Grundlage für die weitere Einkaufsstrategie und Einkaufsoptimierung der Ware darstellt. Die Veranschlagung der Zeiträume, in der die Umschlagshäufigkeit gemessen wird, kann sehr unterschiedlich sein und ist von weiteren Faktoren und Kennzahlen abhängig.

Wie sieht die Formel zur Umschlagshäufigkeit aus?

Je nach Bedarf lassen sich zur Berechnung der Lagerumschlagshäufigkeit der Bestandswert, der Warenbestand oder auch der Wareneinsatz heranziehen. So kann entweder die Häufigkeit der erzielten Umsätze, die Anzahl der Wechsel im Bestand oder das durchschnittliche Verhältnis vom Umsatz zu Lagerbestand berechnet werden. Die Formeln hierzu lauten:

Formel Lagerumschlagshäufigkeit Umsatzhäufigkeit

Formel Lagerumschlagshäufigkeit Bestandswechsel

Formel Lagerumschlagshäufigkeit Wareneinsatz

Die unterschiedlichen Berechnungen der Umschlagshäufigkeit kommen vor allem dann zum Tragen, wenn eine Ware oder ein Lagergut verkauft oder innerbetrieblich genutzt wird beziehungsweise beides gleichzeitig der Fall ist. Darum wird zwischen Lagerabgängen und Wareneinsatz unterschieden.

Die Berechnung der Umschlagshäufigkeit

In der einfachsten Form erfolgt die Berechnung der Umschlagshäufigkeit zunächst über die Ermittlung des Lagerbestandes im vorgesehenen Zeitraum. Dazu wird folgende Formel genutzt:

Formel Lagerbestand

Daraus ergibt sich nun der durchschnittliche Lagerbestand. Das kann genauer definiert werden, etwa in dem die Lagerendbestände mehrerer Wochen zur Berechnung genutzt werden, Beispiel:

Formel Lagerbestand

Die Zahl aus der Berechnung des Lagerbestandes stellt somit immer den Nenner in der Berechnung der Umschlagshäufigkeit dar.

Wie lässt sich die Umschlagshäufigkeit erhöhen?

Es ist klar ersichtlich, je höher die Umschlagshäufigkeit, desto geringer ist die Bindung von Kapital im Lager. Nun könnte natürlich vereinfacht erklärt werden, dass schlicht mehr verkauft werden soll, was sicherlich ein dauerhaftes Ziel eines profitorientierten Unternehmens ist, aber das lässt sich nicht so einfach realisieren, zumal dazu weitere Faktoren zählen, deren Beeinflussung kaum über Bestandskennzahlen möglich ist.

Trotzdem kann die Umschlagshäufigkeit erhöht werden, und zwar beispielsweise dadurch, dass die Lagerzeiträume verkürzt werden. Je näher der Wareneingang zum Warenverkauf liegt, desto geringer sind die Lagerkosten für die jeweilige Ware. Das funktioniert zugegebenermaßen nicht immer, da der Einkaufspreis über das Jahr gesehen unterschiedlich hoch sein kann und diese Spanne eventuell höher zu bewerten ist als die dadurch entstehenden Lagerkosten.

Eine andere Möglichkeit der Erhöhung der Umschlagshäufigkeit besteht in der Sortimentsbereinigung und geeigneter Absatzprognose. Indem Güter aussortiert werden, die einen geringen Absatz bzw. nur sehr selten entnommen werden. Wenn dies nicht möglich ist, kann immerhin über die Lagerplatzoptimierung der Bestand so verändert werden, dass Schnelldreher bei der Erreichbarkeit zur Kommissionierung priorisiert werden.

Die Kennzahl Lagerumschlagshäufigkeit dient somit nicht nur der Verringerung der Kapitalbindung, sondern gleichermaßen der Bestands- und Lageroptimierung. Dies lässt sich auf weitere Details herunterbrechen. Je nach Art des favorisierten Bestandes kann es in der Folge sogar zu einer Veränderung des Lagerwesens führen, hin zu einer auf die Ware zugeschnittenen Infrastruktur, was letztlich wiederum laufende Kosten oder auch Investitionskosten einsparen oder deren Amortisation beschleunigen kann.

Einhergehend mit der Umschlagshäufigkeit gibt es noch eine Vielzahl weiterer, sehr wichtiger Kennzahlen in der Bestandsoptimierung. Welche das genau sind, erfahren Sie in folgendem Ratgeber:

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