Die Ermittlung angemessener Lagerbestände in einem Unternehmen kann sehr schwierig sein. Wenn Sie zu viele Bestände haben, riskieren Sie, dringend benötigtes Betriebskapital zu binden. Wenn Sie aber zu wenig vorrätig haben, drohen Fehlbestände und ein geringeres Service-Level.
Ein wichtiges Teil dieses Puzzles ist die genaue Berechnung der Sicherheitsbestände.
Der Sicherheitsbestand ist definiert als Bestand, der zur Vermeidung von Fehlbeständen aufgrund von schwankender Kundennachfrage, ungenauen Prognosen oder schwankenden Lieferzeiten der Lieferanten geführt wird.
Der Sicherheitsbestand dient zur Deckung eines eventuellen Fehlbestands während des Durchlaufzeitraums der Bestellung beim Lieferanten. Er ist ein Schlüsselelement der Bestellpunktformel:
Der Zweck des Sicherheitsbestandes besteht darin, die Unterbrechung der Lieferfähigkeit zu minimieren und gleichzeitig so wenig Kapital wie möglich in den Bestand zu investieren.
Die Berechnung des Sicherheitsbestandes kann so einfach oder komplex sein, wie Sie es gestalten. Im Folgenden finden Sie drei einfache Formeln zur Berechnung des Sicherheitsbestands mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen.
Unsicherheiten im Bedarf äußern sich generell in Form von abweichenden Ist-Beständen von den Soll-Beständen und ergeben sich aus Faktoren wie etwa Unbeständigkeiten in der Nachfrage, Vorhersageungenauigkeit oder Variabilität in der Beschaffungszeit (z.B. Lieferverzögerungen).
Viele Unternehmen legen einen festen Sicherheitsbestand für ihre Lagerartikel fest, d.h. sie fügen dem Meldebestand nach Bauchgefühl eine entsprechende Menge hinzu, um etwaige Probleme zu berücksichtigen.
Diese Kennzahl wird häufig auf der Ebene der Artikelgruppen festgelegt und basiert auf dem Urteil oder den Annahmen des Bestandsverwalters – es werden keine formalen Berechnungen verwendet.
Nehmen wir als Beispiel den imaginären Online-Handel „Sanitärbedarf Schmidt“. Dieser hat die Umsätze des vergangenen Monats überprüft und anhand dieser Zahlen die Prognose für die nächsten vier Wochen erstellt:
Sie könnten nun einfach beschließen, für jeden Artikel einen Sicherheitsbestand für eine Woche zu halten, indem sie die erfolgreichste Verkaufswoche des letzten Monats als Sicherheitsbestand verwenden, z. B. 650, 300 bzw. 700.
Dieser Ansatz ist einfach einzurichten und zu verwalten, führt aber häufig zu einem Ungleichgewicht der Bestände. So kann es vorkommen, dass das Unternehmen unnötig viel Kapital in einen Überbestand an Duschkopf C investiert, während ihr Duschkopf B schneller ausgehen könnte.
Bei einer zeitbezogenen Sicherheitsbestandsberechnung wird der durchschnittliche Umsatz über einen bestimmten Zeitraum ermittelt und dieser Wert als Sicherheitsbestand verwendet.
Wenn die Firma beispielsweise ihre durchschnittlichen wöchentlichen Prognosen (auf der Grundlage der Verkäufe des letzten Monats) zur Berechnung des Sicherheitsbestands heranzieht, würde sie einen Sicherheitsbestand von 525 Einheiten von Duschkopf A, 250 zusätzlichen Einheiten von Duschkopf B und 475 von Duschkopf C haben.
Wie bei der Methode des fixen Sicherheitsbestandes kann es jedoch auch bei der zeitbasierten Berechnung häufig zu Über- und Unterbeständen kommen.
Ein Grund dafür ist, dass bei beiden Ansätzen davon ausgegangen wird, dass die prognostizierte Nachfrage korrekt ist und die Vorlaufzeiten konstant bleiben. In der Realität ist dies natürlich selten der Fall.
Zunächst einmal führt die Berechnung der Nachfrage allein auf der Grundlage historischer Umsätze oft zu ungenauen Prognosen. Das liegt daran, dass jede Artikelgruppe in Ihrem Bestand ein einzigartiges Nachfragemuster aufweist: Bei einigen ist die Nachfrage konstant, bei anderen eher unregelmäßig oder sprunghaft. Prognosen, die nur auf dem historischen Verbrauch basieren, können dies nicht berücksichtigen
Gleichzeitig können die Vorlaufzeiten aufgrund einer Reihe von Problemen, wie Produktionsausfällen oder Lieferverzögerungen, inkonsistent sein.
Eine Universalmethode zur Berechnung des Sicherheitsbestandes liefert per se für einige Artikel die richtige Menge an Bestand, für andere jedoch zu viel oder zu wenig. Das Ergebnis sind unausgewogene Bestände, die zu überhöhten Bestandskosten und/oder uneinheitlichen Servicelevels führen können.
Dies wird deutlich, wenn wir die einzelnen Lagerartikel nacheinander betrachten:
Die Prognosen zeigen, dass die Nachfrage nach Duschkopf C viel unbeständiger sein könnte als die nach A oder B, aber sie beschließt trotzdem, ihre durchschnittliche wöchentliche Nachfrage als Sicherheitsbestand zu verwenden.
Wie wir anhand der tatsächlichen Verkaufszahlen sehen können:
Der tatsächliche Absatz von Duschkopf A ist höher als die Prognose, aber der Sicherheitsbestand erfüllt seine Aufgabe, indem er genügend Bestand bereitstellt, um den Nachfrageanstieg zu decken, wobei 295 Einheiten Sicherheitsbestand übrig bleiben.
Bei Duschkopf B liegt der tatsächliche Absatz leicht unter der Prognose, so dass ein Überschuss von 290 Stück verbleibt, der sich aus 250 Stück Sicherheitsbestand, aber auch aus 40 Stück Überschussbestand zusammensetzt und dringend benötigtes Kapital bindet.
Der tatsächliche Absatz von Duschkopf C ist höher als die Prognose, aber der Sicherheitsbestand deckt die tatsächliche Nachfrage in der vierten Woche nicht ab und liegt um 25 Stück darunter. Dies führt zu einem Fehlbestand in der vierten Woche und zu einer Reihe von kostspieligen Nachbestellungen.
Für Produkte, deren Nachfrage stärker schwankt, sind höhere Sicherheitsbestände erforderlich, aber wie berechnet man den optimalen Bestand?
Eine genauere Berechnung ist die Verwendung einer Formel für den durchschnittlichen/maximalen Sicherheitsbestand, die berücksichtigt, wenn sich die Vorlaufzeiten erhöhen und die Verkaufszahlen ihr Maximum erreichen.
Die durchschnittliche Vorlaufzeit beträgt eine Woche, kann aber auch bis zu 1,5 Wochen betragen. Anhand dieser Informationen und ihrer Absatzdaten vom letzten Monat kann sie den Sicherheitsbestand für jede Duschkopf-SKU berechnen:
Duschkopf A: (630 x 1,5) – (582,50 x 1) = 362,50 Einheiten
Duschkopf B (300 x 1,5) – (240 x 1) = 210 Einheiten
Duschkopf C (900 x 1,5) – (600 x 1) = 750 Einheiten
Problematisch wird diese Formel, wenn die maximale Vorlaufzeit und der maximale Absatz deutlich über dem Durchschnitt liegen, was zu einer erheblichen Überhöhung des Sicherheitsbestandes führt.
Wie wir gesehen haben, ist es relativ einfach, den Sicherheitsbestand zu bestimmen, wenn die Nachfrage konstant ist und die Vorlaufzeiten zuverlässig sind. Wenn jedoch Nachfrage und Angebot schwanken, ist es für viele Bestandsplaner schwierig, den Sicherheitsbestand genau zu berechnen.
Allzu oft entscheiden sie sich für einfache Sicherheitsbestandsformeln, die nicht ausreichen, um die Herausforderungen zwischen Angebot und Nachfrage zu bewältigen, denen Sie gegenüberstehen.
Statistische Sicherheitsbestandsformeln überwinden viele der Nachteile der drei oben genannten Methoden. Anstatt historische Verbrauchs- oder Verkaufsdaten zur Berechnung der Prognose zu verwenden, nutzen sie Wahrscheinlichkeitsverteilungen zur Modellierung der Nachfrage und zur Berücksichtigung von Abweichungen.
Bei einem probabilistischen Ansatz zur Berechnung des Sicherheitsbestandes wird akzeptiert, dass bei der Vorhersage zukünftiger Ereignisse, wie z.B. Nachfragevolumen und -häufigkeit, Unsicherheiten bestehen, die durch die Deckung eines Prozentsatzes aller möglichen Bestandsanforderungen berücksichtigt werden.
Die Berechnungen des Sicherheitsbestandes werden zwar komplizierter, sind aber sehr viel genauer, da sie den angestrebten Service-Level, die Prognosegenauigkeit bzw. -fehler und die Schwankungen der Vorlaufzeit berücksichtigen.
Wenn dies Ihr nächster Schritt zur Verbesserung der Berechnung des Sicherheitsbestandes ist, laden Sie bitte unseren Ratgeber herunter, in dem die Verwendung von Formeln für den statistischen Sicherheitsbestand noch ausführlicher beschrieben wird.
Je genauer Sie Ihre Berechnungen zum Sicherheitsbestand durchführen können, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Fehlbeständen oder Überbeständen kommt.
Da der Erwerb von Lagerbeständen mit einer Kapitalbindung verbunden ist, ist es wichtig, die Sicherheitsbestände so genau wie möglich zu berechnen.
Viele Unternehmen verwenden vereinfachte Ansätze zur Berechnung des Sicherheitsbestandes, die auf Kosten der Genauigkeit gehen. Grundlegende Formeln funktionieren gut, wenn Nachfrage und Vorlaufzeiten konsistent sind, aber in der Praxis ist dies oft nicht der Fall.
Stattdessen kann ein solider, statistischer Ansatz zur Berechnung des Sicherheitsbestandes die erforderlichen Lagerbestände ermitteln, um die widersprüchlichen Ziele der Maximierung des Kundenservices und der Minimierung der Lagerkosten auszugleichen.
Wollen Sie noch etwas tiefer in die Thematik des Sicherheitsbestands eintauchen? Dann haben wir hier den passenden, kostenfreien Ratgeber für Sie zum Download: