Optimaler Bestellzeitpunkt – Wie berechne ich ihn und was sind die Vorteile?

Optimaler Bestellzeitpunkt als wichtige Kennzahl im Einkauf

„Dieser Artikel ist leider ausverkauft.” Bestimmt haben auch Sie schon mal diesen Satz beim Einkaufen gehört. Grund hierfür ist in vielen Fällen ein unzureichendes Bestandsmanagement seitens des Händlers. Der Ursprung dieses Engpasses können unpräzise Nachfrageprognosen, eine ungenaue Kontrolle der Bestände oder aber eine fehlerhafte Ermittlung des optimalen Bestellzeitpunktes und daraus resultierende Rückstände sein.

Heutzutage kommt noch ein weiterer Faktor hinzu, auf den die Händler keinen direkt Einfluss haben: Lieferketten in einigen Bereichen hadern damit, diese aufrecht zu erhalten. Beispielweise wegen der Knappheit an elektronischen Chips können manche Hersteller ihre Produktion nicht auf gewohntem Niveau fahren.

Die Ermittlung des optimalen Bestellzeitpunktes kann dieses Problem nicht lösen, aber zumindest eine Hilfestellung bieten, da Unternehmen noch immer regelmäßig den Überblick über ihre Nachbestellungen verlieren, und dann Eilbestellungen platzieren wollen bei ihren Lieferanten.

Abgrenzung und Definition

Grundsätzlich hängt der optimale Bestellzeitpunkt stark davon ab, ob Sie ein mengenbezogenes oder ein terminbezogenes Bestellverfahren im Einsatz haben. Der Unterschied ist folgender:

Bei dem mengenbezogenen Verfahren (z.B. Bestellpunktverfahren) wird immer dann eine Bestellung ausgelöst, sobald eine unter Grenze, genannt der Meldebestand, erreicht wird. Die optimalen Bestellzeitpunkte variieren hier in der Regel stark, da normalerweise diese Methode für Artikel verwendet wird, deren Verbrauch/Nachfrage nicht immer gleichmäßig ist.

Hingegen wird beim terminbezogenen Bestellverfahren (z.B. Bestellrhythmusverfahren) immer dann eine Bestellung getätigt, wenn ein festgelegter Zeitpunkt erreicht wird. Daher sind hier die Zeitintervalle zwischen den Bestellungen immer identisch. Diese Methode sollte deshalb nur Anwendung finden bei Artikeln, die einen relativ gleichmäßigen Verbrauch/Nachfrage aufweisen

Im Folgenden wird nun erläutert, wie anhand der bekannten Parameter der optimale Bestellzeitpunkt kalkuliert wird sowie dargelegt, welche Vorteile eine systematische Bestandsauffüllung bieten kann.

Berechnung des optimalen Bestellzeitpunkts

Dafür ist zunächst die Berechnung der optimalen Bestellmenge notwendig. Dafür sollten die Absatzrate und die Lieferzeit genau bekannt sein. Demnach wird eine Bestellung dann aufgegeben, dass die Lieferung genau dann eintrifft, wenn sie benötigt wird. Wenn also ein Vorrat voraussichtlich zu einem Zeitpunkt t erschöpft ist und die Lieferzeit LT beträgt, sollte die Bestellung zum Zeitpunkt t − LT erfolgen. Trifft die Lieferung genau zum Zeitpunkt t ein, lassen sich eindeutig Lagerhaltungskosten einsparen. Andererseits darf es nicht passieren, dass die Bestellung zu spät aufgegeben wird, sodass die Lieferung erst nach dem Zeitpunkt t eintrifft, da sonst ein Rückstand auftritt.

Wie lässt sich der Bestellpunkt anhand des noch verbleibenden Bestands ermitteln? Hier müssen zwei Fälle unterschieden werden:

• Die Lieferzeit LT ist kleiner gleich dem Bestellintervall T.

• Die Lieferzeit LT ist größer als das Bestellintervall T.

1. Von wie vielen Bestellungen sollte ausgegangen werden?


Anzahl der Bestellungen

2. Wie errechnet sich der Abstand zwischen den Bestellungen, also das Bestellintervall T?

Berechnung Bestellintervall

3. Wie berechnet man nun den Bestellpunkt?
Beginnen wir mit dem ersten Fall. Da der vorhandene Lagerbestand zum Zeitpunkt, an dem die Bestellung eintrifft, gleich null ist, sollte der Bestand zum t – LT dem Gesamtverbrauch während des Zeitintervalls entsprechen. Dann lässt sich der Bestellpunkt mit Hilfe der Grundformel berechnen, indem der durchschnitteiche tägliche Verbrauch eines Artikels mit der Lieferzeit in Tagen multipliziert und der Sicherheitsbestand (SB) addiert wird.

Berechnung Bestellpunkt

Mathematischer ausgedrückt stellt sich die Formel folgendermaßen dar, wenn die Berechnung des Sicherheitsbestands mit SERV1 erfolgt:

Berechnung optimale Bestellzeitpunkt

Allgemein ist ein umso höherer Sicherheitsbestand erforderlich, je stärker der Bedarf und die Lieferzeit schwanken. In Zeiten der Unsicherheit bezüglich der Lieferfähigkeit gewisser Produkte, könnte man hier zeitweise sogar etwas mehr als den kalkulierten Sicherheitsbestand ansetzen für die relevanten Artikel.

Anders ausgedrückt muss also immer dann eine Nachbestellung aufgegeben werden, wenn die Bestandshöhe bis zum Bestellpunkt abfällt. Hierbei ist zu beachten, dass der Bestellpunkt nicht von der optimalen Bestellmenge abhängt.

Ist die Lieferzeit jedoch länger als das Bestellintervall, muss eine Nachbestellung mindestens einen Bestellzyklus vor Eintreffen der Lieferung erfolgen. Der optimale Bestellrhythmus wird anhand der optimalen Bestellmenge berechnet:

Berechnung optimale Bestellrhythmus

Beispielberechnung zum optimalen Bestellzeitpunkt

Jetzt zu einem Beispiel, das zeigen soll wie der optimale Bestellzeitpunkt determiniert wird. Dabei wird ein Unternehmen betrachtet, das von einem Teil konstant 100 Bestellungen pro Woche vorliegen hat, sowie dessen optimale Bestellmenge mit 738,08 im Vorfeld kalkuliert wurde. Gehen wir von einer Lieferzeit von zwei Wochen aus. Wir vergleichen diese also zunächst mit dem Bestellrhythmus, der sich wie folgt errechnet:

Berechnung Anzahl der Bestellungen Beispiel

Berechnung Bestellrhythmus Beispiel

In diesem Fall ist die Lieferbearbeitungszeit also kürzer als das Bestellintervall bzw. der Bestellrhythmus, woraus sich ohne Berücksichtigung des Sicherheitsbestands die folgende Gleichung ergibt:

Berechnung optimale Bestellpunkt Beispiel

Vorteile einer automatisierten Bestandsauffüllung

Für Unternehmen, die eine große Anzahl an Artikelpositionen im Bestand führen, besteht eine der effektivsten Möglichkeiten, den Nachschub präziser und effizienter zu gestalten, in der Nutzung eines Systems zur Bestandsoptimierung. Wenn eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte zu verwalten sind, ist eine manuelle Abwicklung zwangsläufig sehr zeit- und personalaufwändig, was sich negativ auf den Geschäftserfolg auswirkt.

Zu einem solchen System gehört auch ein gutes Nachschubmodul, das drei wesentlich Vorteile bietet:

1. geringere Abwicklungskosten (zum Beispiel durch das Bündeln von Bestellungen, um einen Container komplett zu befüllen)
2. niedrigere Bestände und größerer Lagerumschlag
3. höhere Service-Level

Ein automatisches Wiederauffüllsystem ist kontinuierlich im Einsatz und überwacht die Bestandshöhe, den Absatz und den Verbrauch. Menschliche Fehler wie falsch berechnete Parameter oder vergessene Bestellungen sind somit ausgeschlossen und alle Werte im System können dynamisch angepasst werden.

Handlungsempfehlung

Nun haben Sie gesehen, wie man den optimalen Bestellzeitpunkt mathematisch berechnet. Dies ist eine sehr wichtige Kennzahl, die bei der Nachschubplanung von essentieller Bedeutung ist. Optimalerweise wird diese natürlich nicht per Hand ermittelt, sondern ist Teil Ihres ERP Systems oder ERP-Add-ons zur Bestandsoptimierung.

Optimaler Bestellzeitpunkt - Berechnung Formel

Jedes Unternehmen ist anders hinsichtlich Lieferketten, Kostenstrukturen, Produkte usw. Jedoch kann jeder Betrieb, gleich welcher Branche oder welcher Größe, Beschaffungskosten einsparen. Um ein schnelles, merkliches Ergebnis zu erzielen, sollten bei der Auswahl eines Bestandsmanagement- und Nachschubsystems einige wichtige Aspekte berücksichtigt werden:

1. Das System sollte auf die Anforderungen Ihres Unternehmens zugeschnitten werden können.
2. Es sollte leicht und intuitiv zu bedienen sein.
3. Die Implementierung sollte schnell und reibungslos vonstattengehen, üblicherweise greift man inzwischen auf eine Cloud-Lösung zurück.

Außerdem muss ein Nachschubsystem bestimmte wesentliche Funktionen aufweisen:

• Das System sollte eine automatische Bestandsprognose für jede einzelne Artikelposition unterstützen und periodische oder saisonbedingte Schwankungen sowie Nachfragetrends und -änderungen automatisch berücksichtigen können.

• Das System muss in der Lage sein, für jede Artikelposition effiziente Sicherheitsbestände zu berechnen und dabei den prognostizierten Bedarf, die Lieferzeiten und die Liefergenauigkeit berücksichtigen.

• Bestellmengen und –intervalle müssen für einzelne Lieferanten oder Produkte nach Kostengesichtspunkten optimiert werden können.

• Durch die Kombination von automatischen Routinebestellungen mit Bestellvorschlägen für bestimmte wichtige Artikel sowie das automatische Ausgeben von Ausreißern im Bedarf (Management by Exception) sollte sich der Produktnachschub effizienter und weniger aufwändig gestalten lassen. Das Resultat ist eine optimierte Beschaffungsplanung.

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